Kambodscha

In den letzten Jahren zieht Kambodschas Wirtschaftswachstum kräftig an. Doch die Landwirtschaft bleibt ein Sorgenkind.

Hauptstadt

Phnom Penh 

Amtssprache

Khmer

Fläche

181.040 qkm

Einwohnerzahl

ca. 15,7 Mio

Bevölkerungswachstum

1,6 %

Ländliche Bevölkerung

79,1 %

Bruttoinlandsprodukt

208 Milliarden US-Dollar

Pro-Kopf- Jahreseinkommen

1.270 US-Dollar

Anteil der Landwirtschaft am BIP

26,7 %

Schweregrad des Hungers laut Welthunger-Index 2017

ernst (22,2)

Human Development Index

Index: 0.563 / Rang: 143 von 188

Anteil der Bevölkerung, der von weniger als 1,90 US-Dollar am Tag lebt

33,6 %

 

Schweres Erbe der Vergangenheit

Im 20. Jahrhundert war Kambodscha immer wieder bewaffneten Konflikten und regionalen wie internationalen machtpolitischen Interessen ausgeliefert: Auf die Befreiung von der französischen Kolonialmacht und den Vietnamkrieg folgten der kambodschanische Bürgerkrieg und die Schreckensherrschaft der Roten Khmer, der schätzungsweise 1,7 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Vietnamesische Invasionstruppen vertrieben die Roten Khmer und besetzten das Land für zehn Jahre.

 

Seit den Pariser Friedensverträgen von 1991, hat sich die parlamentarische Monarchie Kambodschas formal zu einer Demokratie mit regelmäßigen Wahlen entwickelt. Das Erbe der autoritären Herrschaft wiegt jedoch bis heute schwer und Korruption ist stark verbreitet. Trotz der immer wettbewerbsfähigeren Bekleidungsindustrie, gehört Kambodscha zu den ärmsten Ländern der Welt. Es ist stark abhängig von Handelserleichterungen und der Unterstützung der internationalen Gebergemeinschaft, die etwa die Hälfte des Staatshaushalts trägt. Zwischen einem Drittel und einem Viertel der Bevölkerung sind von extremer Armut betroffen. 12 Prozent aller Haushalte haben Schwierigkeiten, sich mit ausreichend Lebensmitteln zu versorgen.

 

INSEKTEN, SPINNEN UND ANDERE KÖSTLICHKEITEN Gegrillte Grillen, frittierte Käfer und würzige Würmer oder eine ganz besondere Delikatesse: kross in Öl gebackene Vogelspinnen – sie werden als beliebte und proteinhaltige Snacks zusammen mit einem üppigen Angebot an Street Food auf den Straßenständen von Phnom Penh feilgeboten. Von den Nahrungsmittelsorgen und der einseitigen Ernährung der Landbevölkerung ist auf den Märkten der Hauptstadt nichts zu spüren.

 

Landwirtschaft im Wandel

Durch Bürgerkrieg und wirtschaftliche Isolierung konnte sich die Wirtschaft Kambodschas bis Anfang der 90er Jahre kaum entwickeln. Die einst dominierende Landwirtschaft steht heute mit 30 Prozent des Bruttoinlandsproduktes an zweiter Stelle nach dem Dienstleistungssektor. Dennoch: Acht von zehn Kambodschanern leben auf dem Land. 45 Prozent der über 8 Millionen Erwerbstätigen arbeiten in der Landwirtschaft. Zu dem hohen Wirtschaftswachstum trägt sie jedoch nur mit 0,5 Prozent bei.

 

12 Prozent aller Haushalte haben Schwierigkeiten, sich mit ausreichend Lebensmitteln zu versorgen.

 

Neben Holz, Seide, Maniok, Cashewnüssen, Gemüse, Mais und Kautschuk ist Reis das wichtigste landwirtschaftliche Erzeugnis. Traditionell überfluten die Bauern im Flussdelta des Mekongs ihre Felder, um das Getreide zu bewässern. Doch der Reisanbau ist gefährdet. Denn Kambodscha spürt den Klimawandel bereits besonders stark: Ausbleibender oder flutartiger Regen, Wirbelstürme und Hitzeperioden sowie durch den ansteigenden Meeresspiegel zunehmend versalzte Böden sind tragische Realität. Agrarland geht verloren und Ernten bleiben aus. Durch die dürftigen Reisernten büßen die Bauern an Einkommen und Nahrungsmittelreserven für ihre Familien ein. Und die Ernteausfälle wirken sich auch global aus: Ein Fünftel der weltweiten Reisexporte stammen aus dem kambodschanischen und vietnamesischen Mekong-Delta. Der Druck auf Preise, Verfügbarkeit und Qualität des Getreides wächst. Besonders betroffen sind arme Menschen, für die der Reis häufig die einzige verfügbare und erschwingliche Form von Nahrung ist.

 

Staudämme, fehlende Landrechte, Landminen

Neben dem Klimawandel steht die Landwirtschaft Kambodschas noch anderen Herausforderungen gegenüber. Um Strom zu gewinnen, investiert China in zahlreiche Megastaudämme am Mekong und seinem Zufluss dem Tonle Sap. Gleichzeitig haben Kambodscha und weitere direkte Anrainerstaaten selbst ein großes Interesse daran Energie durch Wasserkraft zu generieren. Die starken Eingriffe in die Flusslandschaft können jedoch zu weiteren negativen Folgen für Ökosysteme und Landwirtschaft führen, indem die Fließgeschwindigkeit verlangsamt wird und der Flussschlamm blockiert. Noch gelten die beiden Gewässer als reichstes Binnenfischereigebiet der Welt und liefern der Mehrheit der dort ansässigen Bevölkerung überlebensnotwendige Proteine. Gleichzeitig garantiert der fruchtbare Schwemmlandboden die Düngung der Reisfelder sowie deren ganzjährige Bewässerung, die über Kanalsysteme selbst während der Trockenzeit verlässlich funktioniert.

 

Des Weiteren ist der Kauf von Landrechten durch Agrarunternehmen weit verbreitet in Kambodscha: Der Staat vergibt Konzessionen an private heimische und ausländische Agrarunternehmen, die Kautschuk für den Export anbauen und Waldflächen roden. Tatsächlich besitzt jeder fünfte ländliche Haushalt in Kambodscha kein eigenes Land. Eine Spätfolge des jahrzehntelangen Bürgerkrieges sind die Millionen vergrabenen Landminen. Diese gefährden die Menschen insbesondere im Nordwesten und verhindern den Anbau von Lebensmitteln. Bis heute können die Familien den Boden vielerorts nicht kultivieren, so dass mehr als die Hälfte der dort lebenden Bevölkerung chronisch unterernährt ist.

 

Kambodschas Ziel: Stabile Entwicklungserfolge

Kambodscha konnte in den vergangenen Jahren beachtliche Entwicklungserfolge erzielen. Doch um die Armut weiter zu mindern und die Ernährung der Bevölkerung zu sichern, möchte sich das Land nicht auf 7 Prozent Wirtschaftswachstum ausruhen. Eine Reihe politischer Reformen sind nötig in den Bereichen Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, öffentliche Verwaltung, Justiz, Finanzwesen sowie in der Bekämpfung der weit verbreiteten Korruption. Im Agrarsektor muss Kambodscha die landwirtschaftliche Produktion und Produktivität durch nachhaltige und an den Klimawandel angepasste Anbaumethoden steigern und die Wertschöpfung stärken. Dazu will das Land mehr in die ländliche Infrastruktur und die Aus- und Weiterbildung der Landwirte investieren.

 

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