Land der Konflikte
Für die meisten Menschen in Uganda ist Land überlebenswichtig. In Zentraluganda hat sich eine alte Bodenordnung für Verpächter*innen und Pächter*innen als Sackgasse erwiesen, die seit Jahrzehnten Konflikte verursacht. Ein innovativer Ansatz für Konfliktbewältigung soll dies ändern.
Wenn es geregnet hat, verleiht der rostfarbene Boden dem üppigen Grün einen satten Farbton. Wie alle Bäuer*innen betet Jackson Mbohimpa (50) jede Jahreszeit für Regen. Das Land ernährt ihn und seine Familie seit Generationen und als Kind half er seinen Eltern beim Anbau von Kochbananen. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Mbohimpa die gut zwei Hektar Land im Dorf Kaabowa in Zentraluganda, wo seine Familie seit Jahrzehnten zu Hause ist. Heute führt er ein einfaches Leben mit seiner Frau und den acht Kindern. Ein Leben, das ruhiger hätte verlaufen können, aber seit 15 Jahren bereitet ein permanenter Landkonflikt den Eheleuten schlaflose Nächte. Im Laufe der Jahre haben sich mehrere Personen als Verpächter*innen ausgegeben. Sie alle stellen verschiedene Forderungen und drohen Jackson Mbohimpa und seiner Familie mit Zwangsräumung. „Den ersten Räumungsbefehl bekam ich 2007. Seither habe ich es mit drei Personen zu tun, die behaupten, wir würden ihr Land illegal in Anspruch nehmen. Sie wollen, dass ich Busuulu zahle (jährliche Erbpacht – Anm. d. Red.), aber wie soll ich zahlen, wenn ich nicht weiß, wem das Land wirklich gehört?“, sagt Mbohimpa.
„Ich habe an Selbstmord gedacht.“
Die Kinder spielen vorm Haus, wo Zweige mit Kaffeebohnen in der Sonne trocknen. Mbohimpa ist stolz darauf, dass er mithilfe des kleinen Einkommens aus dem Anbau seine Kinder zur Schule schicken konnte. Er versucht, das Leben positiv zu sehen, aber das ist schwierig, wenn die eigene Zukunft so unsicher ist. Als er über seine größte Angst spricht, werden seine Augen feucht. „Dieses Land ist alles, was ich habe. Wohin soll ich mit meiner Familie, wenn wir es verlieren? Jedes Mal, wenn ich im Fernsehen Räumungen sehe, bekomme ich Angst. Zeitweise ging es mir so schlecht, dass ich darüber nachgedacht habe, mich umzubringen“, sagt er. Wir sind im Distrikt Mubende, in Zentraluganda. Er ist als Brennpunkt für Landkonflikte bekannt. Fast alle hier hatten schon einmal Probleme mit Landrechten. „Landfragen sind bei uns eine massive Herausforderung. Viele Verpächter*innen behaupten, sie seien Eigentümer*innen, und Pächter*innen bleiben verwirrt und verängstigt zurück. Abwesende Verpächter*innen sind ein weiteres Problem. Manche tauchen nicht mehr auf, weil sie wissen, dass sie die Pächter*innen vertreiben dürfen, wenn Busuulu für einen bestimmten Zeitraum nicht gezahlt wird“, erklärt Sheif Magezi, der Vorsitzende des Mubende-Distrikts.
Das einzigartige Mailo-System
In Uganda ist Land für den Großteil der Bevölkerung ein unschätzbarer Wert und über 80 Prozent ist auf die Landwirtschaft als Lebensgrundlage angewiesen. Vor dem Kolonialismus war Land Gemeinschaftseigentum, was die Protektoratsregierung jedoch abschaffte. Im Jahr 1900 unterzeichneten die britische Regierung und das Königreich Buganda in der Zentralregion Ugandas eine Vereinbarung, die nicht nur die dortige Landstruktur fundamental veränderte. Die Kolonialregierung übertrug Anführern und anderen wichtigen Personen individuelle Eigentumsrechte für ausgedehnte Flächen, sogenanntes Mailo-Land. Auf diesem Land siedelten bereits Bauern und Bäuerinnen aus Gewohnheitsrecht. Sie wurden zu Pächtern bzw. Kibanja-Inhabern auf privatem Land. Allerdings bekamen sie keinen formalisierten Pachtvertrag.
Mailo ist eine von vier Besitzformen, die in der ugandischen Verfassung von 1995 verankert sind, wobei es das komplexeste Besitzsystem des Landes ist. Es gibt keine „neuen“ privaten Mailo-Flächen, sondern nur Flächen aus den Jahren 1900 bis 1908. Die Nutzung von Mailo-Land durch Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ist verfassungsrechtlich anerkannt, aber das Eigentumsrecht am Grundstück verbleibt bei den Grundeigentümer*innen. Dieser doppelte Anspruch auf ein Stück Land macht Mailo einzigartig, führt aber auch zu Konflikten. Bäuerinnen und Bauern, vor allem Frauen und Kinder, können dadurch leicht zu Opfern von Zwangsräumungen durch Mailo-Grundeigentümer*innen werden. Für die Grundeigentümer*innen hingegen verringert die Zersplitterung ihrer Flächen die Möglichkeiten für landwirtschaftliche Investitionen. Erschwerend kommt hinzu, dass vorhandene Gesetze und Vorschriften auf lokaler Ebene kaum bekannt sind und daher mangelhaft umgesetzt werden.
„Land – die Grundlage für alles“
„Wir haben Gesetze, doch nur wenige Verpächter*innen und Pächter*innen sind sich ihrer Rechte bewusst und kommen teilweise ihren Pflichten nach. Das Gesetz verlangt, dass Pächter*innen Busuulu zahlen. Nach drei aufeinanderfolgenden Jahren Zahlungsverzug können Verpächter*innen bei Gericht die Übernahme des Lands beantragen. Illegale Zwangsräumungen sind verbreitet und passieren in der Regel, wenn nicht ortsansässige Verpächter*innen behaupten, keine Pacht erhalten zu haben“, erklärt Enoch Mutahi, leitender Landverwaltungsbeauftragter in Mityana.
Mutahi gibt an, dass Landstreitigkeiten seit Jahren zunehmen würden. „Die Bevölkerung wächst rasant und das Land vermehrt sich nicht. Früher war es ein Statussymbol, Pächter*innen zu haben. Heute gelten sie nur noch als Last und die Verpächter*innen klagen, dass sie nicht von ihnen profitieren“, sagt er. Laut Mutahi wurde Landgovernance in Uganda zu wenig Priorität eingeräumt. Um Landkonflikte zu reduzieren, wurden viele Gesetze und Richtlinien verabschiedet, doch die Umsetzung verläuft schleppend. „Die Regierung finanziert vor allem Infrastruktur, Armutsbekämpfung und Gesundheitsvorsorge.
Ich frage mich: Wie kann man Armut und Hunger bekämpfen, ohne den Faktor Land in den Fokus zu rücken? Land ist die Grundlage für alles.“
„Neue Verpächter*innen, neue Herausforderungen“
Am Rande der Stadt Mubende wohnt John Kalule. Seine Familie lebt seit 130 Jahren auf ihrem Kibanja (ugandischer Begriff für das private Mailo-Land von Pächter*innen). Als sein Vater 2012 starb, erbte Kalule ein Kibanja, das sich mehrere Geschwister teilten. Es war der Beginn eines jahrelangen Konflikts mit dem Verpächter. „Kyalimpa (der Verpächter – Anm. d. Red.) hatte eine Vereinbarung mit meinem Vater, doch nach dessen Tod fing er an, die Situation auszunutzen, und wollte uns loswerden“, erzählt Kalule. Zuvor gab es einen anderen Verpächter, dem Kalules Familie Busuulu gezahlt hatte. Laut Kalule nahm der neue Verpächter nie Busuulu an und suchte nur nach Gründen, um die Familie zu vertreiben. „Wenn wir zum Hof kamen, haben Kyalimpa und seine Kinder uns beschimpft und weggescheucht“, sagt Kalule.
Doch das ist nicht der einzige Landkonflikt . Seine Familie hat noch ein weiteres Kibanja. Ein jahrelanger Streit rankte sich um die knapp zweieinhalb Hektar . Die Verpächterin nahm nie Busuulu an und forderte, die Familie müsse das Land entweder kaufen oder für immer verlassen. „Als Madam Nalujja das Land kaufte, wusste sie, dass meine Familie hier seit über 100 Jahren gelebt hatte, und trotzdem fing sie an, viele unvernünftige Dinge zu fordern“, sagt Kalule.
Bewusstsein ist der Schlüssel
Im Dorf Kayanga, westlich der Stadt Mityana, haben sich etwa 100 Menschen um einen großen Baum versammelt. Als Pächter*innen sind sie an einem Projekt zur Sicherung der Rechte an ihrem Land beteiligt. „Verbesserung von Landgovernance in Uganda“ (Improvement of Land Governance in Uganda, ILGU) ist Teil des globalen Programms für verantwortungsvolle Bodenpolitik, das die GIZ im Auftrag der Europäischen Union und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) umsetzt.
Seit 2017 werden dabei Verpächter*innen und Pächter*innen auf privatem Mailo-Land in Zentraluganda bei der Sicherung ihrer Landrechte unterstützt. Gemeinsam mit Regierungspartnern, NGOs und zivilgesellschaftlichen Organisationen verfolgt das Projekt in erster Linie Bewusstseinsbildung, Konfliktvermittlung und Dokumentation von Landnutzungsrechten. Seit Projektbeginn haben rund 65.000 Haushalte in Zentraluganda ihre Landnutzungsrechte gesichert.
„Man kann die Konflikte nicht stoppen, ohne den Menschen ihre Rechte und Pflichten bewusst zu machen. Pächter*innen müssen jährlich Busuulu zahlen, um sich vor der Zwangsräumung zu schützen. Verpächter*innen haben das Recht auf bevorzugten Erwerb des Landes, das Pächter*innen für sich nutzen und eventuell verkaufen wollen“, erläutert Lindah Nanyonga, die für die GIZ als Sachverständige tätig ist.
Gespräche schlagen in Gewalt um
Pächter*innen und Verpächter*innen erhalten das Angebot, Streitigkeiten in einem alternativen Gremium zur Streitbeilegung schlichten.
„Viele sind müde vom Kampf und nehmen die Hilfe dankbar an.Von 100 Konflikten konnten wir 75 durch diese Gespräche lösen. Wenn Konflikte kriminell werden, landen sie vor Gericht“,
sagt Alex Bogere, Projektbeauftragter für „Partners for Community Transformation“ (PaCT). In Uganda über Landangelegenheiten zu diskutieren, ist schwierig, und Änderungen herbeizuführen umso schwieriger. „Manchmal enden die Sitzungen im Chaos. Die Anwesenden weigern sich zuzuhören und greifen zu Gewalt. Einige Pächter*innen sind reicher als die Verpächter*innen und respektieren sie nicht. ‚Unser Gewissen sagt, wir müssen keine Busuulu zahlen‘, behaupten manche Pächter*innen“, erzählt Bogere.
Sichtbare Änderungen
Pächter*innen erhalten das Angebot, ihre Landnutzungsrechte zusammen mit Verpächter*innen, Nachbar*innen und Regierungspartnern zu dokumentieren. Nach dem Dokumentationsprozess erhalten sie ein Protokoll zur Erfassung der Fläche (Land Inventory Protocol, LIP) – ein Dokument mit detaillierten Angaben über das Kibanja und seine Größe. „Manche sind skeptisch und denken, wir wollen ihnen ihr Land wegnehmen. Aber wenn klar geworden ist, dass das Projekt dem Schutz ihrer Rechte dient, kommen sie zu uns und bitten um Hilfe“, sagt Tracy Mugisha von Spot Surveyors and Engineering Consultants, einer privaten Vermessungsfirma.
Vom Pächter zum Grundeigentümer
Was John Kalule und seine Familie betrifft, wurde der acht jährige Konflikt mit Verpächter Kyalimpa im alternativen Gremium gelöst. „Wir haben die Probleme diskutiert und Hilfe zur Schlichtung bekommen. Außerdem wurde uns bei der Vermessung unseres Kibanjas geholfen und der Verpächter hat uns akzeptiert. Er hat sogar zugestimmt, einen Teil des Lands abzugeben, also bin ich jetzt nicht mehr Pächter. Ich besitze einen eigenen Landtitel“, freut sich Kalule.
Der zweite Konflikt konnte durch das Projekt teilweise gelöst werden. „Nach Diskussionen und Hilfe bei der Klärung von Problemen hat Madam Nalujja dem Erhalt von Busuulu zugestimmt. Leider gibt sie uns seit fast drei Jahren nie eine Quittung, was uns wieder Angst macht“, sagt Kalule.
Ausgebootet
Landverwaltungsbeauftragter Enoch Mutahi ist seit Beginn an dem Projekt beteiligt und hat die Veränderungen wahrgenommen. „Viele Konflikte enden in Tragödien. Manche Pächter*innen gehen sogar so weit, Verpächter*innen umzubringen. Nachdem wir angefangen haben, ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen und vor Ort bei Konflikten zu vermitteln, ist die Anzahl der Konflikte deutlich gesunken“, sagt Mutahi. Fabiano Kkubo (58) weiß, wie riskant es sein kann, bei Landfragen mitzumischen. Der Kibanja-Inhaber und Vater von 14 Kindern ist seit vielen Jahren Vertreter des Verpächters. Eine seiner Pflichten ist es, dafür zu sorgen, dass die Pächter*innen Busuulu zahlen. Keine leichte Arbeit.
„Früher hatte ich eine leitende Position in der Lokalverwaltung, aber wegen der Vertretertätigkeit habe ich die Stelle verloren. Dadurch, dass ich Busuulu eingezogen habe, wurde ich extrem unbeliebt“,
erklärt er. Das neue Bewusstsein für die Probleme bewirkt nun langsam eine Veränderung vor Ort. „Sowohl Verpächter*innen als auch Pächter*innen sind sich ihrer Rechte und Pflichten bewusst und viele sagen, ich solle wieder für das politische Amt antreten“, sagt Kkubo.
„Frauen haben Rechte“
In einem anderen Teil von Uganda, nahe der Stadt Mityana, lebt Juliet Magazu (54). Nach ihrer Scheidung musste sie das Land verlassen, auf dem sie jahrelang gelebt hatte. Als ihr Mann 2012 starb, kämpfte die achtfache Mutter um das Recht, in ihr Dorf Kitovu zurückzukehren. Doch es dauerte nicht lange, bis die Probleme noch größer wurden. „Es gab mehrere Männer, die behaupteten, sie seien Verpächter, und ich sollte Busuulu zahlen. Ich wusste nie, wer wirklich der Verpächter war“, berichtet Magazu.
Dort, wo sie lebt, kam es im Laufe der Jahre in den benachbarten Dörfern Rwamagembe und Kibejja in der Gemeinde Sigula, im Unterbezirk Kiganda, wiederholt zu Zwangsräumungen. „Ich kannte viele, die gewaltsam vertrieben wurden, und ich fürchtete, es könnte auch mich treffen. Ich fühlte mich hilflos“, sagt sie. Magazu und andere Pächter*innen aus der Gegend erhielten 2019 das Angebot, ihre landbezogenen Probleme im Rahmen des ILGU-Projekts zu lösen. Außerdem konnten sie ihr Land kartieren lassen, um die genaue Größe ihrer Kibanjas zu erfahren. „Heute weiß ich, wer wirklich mein Verpächter ist, und zahle ihm regelmäßig Busuulu.
Nachdem ich wusste, dass mein Pachtverhältnis gesichert ist, habe ich angefangen, ein Haus für meine Familie zu errichten und mehrjährige Pflanzen wie Kaffee angepflanzt“,
sagt sie. Die Witwe baut auf 0,8 Hektar Mais an und kann dadurch ihre Kinder zur Schule schicken. „Ich habe nie Lesen und Schreiben gelernt und es ist mein Traum, dass meine Kinder eine Ausbildung bekommen. Das Land hilft mir dabei, diesen Traum zu verwirklichen“, sagt sie. In Uganda erben Frauen kein Land. Traditionsgemäß gehört es den Männern und die meisten Grundeigentümer bedenken ihre Frauen und Töchter nicht im Testament. „Seit das Projekt hier gestartet ist, sind die Rechte der Frauen gestärkt worden. Vorher waren Frauen nie als Grundeigentümerinnen anerkannt, weil sie in Grundstücksdokumenten nicht auftauchten. Mittlerweile erhalten mehr und mehr Frauen Land auf ihren Namen“, berichtet Joseph Sematta, der Dorfvorsitzende von Kitovu.
Verpächter*innen leben in Armut
Aufgrund des komplexen Mailo-Land Systems und den doppelten Rechten von Verpächter*innen und Pächter*innen leben Erstere oft in tiefster Armut. Die Rechte von Pächter*innen auf ihr Kibanja machen es schwer für Verpächter*innen, Einkommen aus Investitionen in ihr eigenes Land zu generieren. In einem Zipfel des Dorfes Nalukoko bewegt sich Paul Kassamba (85) auf einen Stock gestützt langsam aus seinem Lehmhaus. Ein bunter Strohhut beschirmt sein Gesicht, das von den Jahren sichtlich gezeichnet ist. Er schlägt ein altes Notizbuch auf und kneift die Augen zusammen, um die lange Liste mit Namen zu entziffern.
„Ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele Pächter*innen ich habe, aber ich weiß, dass es mehrere Tausend sind. Busuulu habe ich schon seit Jahren von niemandem bekommen. Heute bin ich arm und alt und ich hatte mir mein Leben anders vorgestellt“, sagt Kassamba. Der 85-Jährige wuchs in einer wohlhabenden Familie auf den Ssese-Inseln auf, im Nordwesten des Viktoriasees. Er hat schöne Erinnerungen an seine Kindheit im luxuriösen Zuhause. Als seine Familie vom Kabaka, dem Oberhaupt des Buganda-Königreichs, rund 260 Hektar Land erhielt, begann Kassamba ein neues Leben im Distrikt Mubende. Das Land wimmelte damals von Bäuerinnen und Bauern. Heute kann Kassamba kein Land für sich beanspruchen. Seine Pächter*innen nehmen jeden Winkel in Anspruch und anders als er leben viele von ihnen in Betonhäusern mit üppigen Anwesen. „Ich hatte nie Probleme mit den Pächter*innen und habe sie immer willkommen geheißen. Damals zahlten sie Envujju (Abgabe – Anm. d. Red.). Jetzt sind die Dinge anders und ich habe nichts“, sagt Kassamba.
Gast im Palast
Bis auf ein kaputtes Bett in einer Ecke des Raumes gibt es in seinem Haus keine Möbel. Als er über seine Jugend und sein früheres Leben spricht, lächelt er, dann wird er wieder ernst. „Früher war ich ein bedeutender Mann, der vom König in den Mengo-Palast eingeladen wurde, um zu einem freundlichen Verpächter geschult zu werden. Mein ganzes Leben lang habe ich jeden Menschen hier auf dem Land willkommen geheißen. Ich denke oft, ich hätte es anders machen sollen. Wenn ich andere Entscheidungen getroffen hätte, wäre mein Leben heute nicht so“, sagt er.
Betteln um Essen
Eine kurze Autofahrt von Kassambas Zuhause entfernt lebt Aloyizi Bozobanra (50). Er ist Dorfvorsitzender und einer von Kassambas Pächtern. Sein Haus ist von einem rund 1,6 Hektar großen Garten umgeben, in dem die Familie Bananen, Kaffee und Mais anbaut. „Ein Verpächter sollte reich und zufrieden sein, aber das ist bei Kassamba nicht der Fall. Er hat kein Land für sich und kommt oft zu uns Pächter*innen, um nach Essen zu fragen. Wir haben sogar Geld gesammelt, um ihm ein neues Haus zu bauen, als das alte zu baufällig wurde“, erzählt Bozobanra. Er sagt, Kassamba sei immer freundlich gewesen, aber die Pächter*innen hätten seine Forderung nach Busuulu ignoriert. Als im Rahmen des ILGU-Projekts Verpächter*innen und Pächter*innen in der Region über Landrechte aufgeklärt wurden, änderte sich die Situation.
„Als die Pächter*innen von ihren Pflichten erfahren haben, kamen sie sofort zu mir, um Busuulu zu zahlen. Ich war so dankbar für das Projekt und dachte, dass sich mein Leben nun endlich ändern würde. Leider scheinen einige zu denken, dass Busuulu eine einmalige Verpflichtung sei, es muss also ein Missverständnis gegeben haben“, berichtet Kassamba.
Land – eine politische Angelegenheit
Landkonflikte in Zentraluganda wirken sich nicht nur auf Verpächter*innen und ihre Pächter*innen aus: Land ist eine politische Angelegenheit und verschiedenen Quellen zufolge nutzen Politiker*innen Landkonflikte zum Stimmenfang. „Alle hier interessieren sich für Land. Im Distrikt Mubende stiften manche Politiker*innen Verwirrung und halten die Menschen zum Narren, um Vorteile daraus zu ziehen. Sie wollen nicht, dass Pächter*innen wissen, wer wirklich ihre Verpächter*innen sind, da sie von beiden Seiten profitieren. Die Menschen hier kennen ihre Rechte nicht, das macht sie angreifbar“, sagt Sheif Magezi, Vorsitzender des Mubende-Distrikts. Magezi hat in den letzten Jahren um Hilfe bei der Lösung von Landkonflikten in seinem Distrikt gebeten.
„Ich habe gesehen, welche positiven Auswirkungen die Vermittlung durch ILGU anderswo hatte, und ich bat inständig darum, dass man auch uns hilft.
Ich kann mich sonst an niemanden wenden und unsere ständigen Konflikte müssen dringend gelöst werden. Manche Menschen denken schon an Selbstmord“, sagt er. Im Dorf Kaabowa gehört Jackson Mbohimpa zu den vielen Kleinbäuer*innen im Distrikt, die sich Hilfe wünschen. „Ich träume von einer Ausbildung für meine Kinder. Wenn ich wüsste, dass ich auf diesem Land sicher wäre, würde ich in langfristige Nutzpflanzen wie Kaffee investieren. Im Herzen bin ich Bauer, aber dieses Leben ängstigt mich“, sagt Mbohimpa.