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Mit ihrem Start-Up Kokari möchte Gründerin Ebun Feludu die Kokosnuss Wertschöpfungskette nach Nigeria bringen. Warum in ihrer Vorstellung zukünftig jede Kokosnuss-Palme ihren eigenen Namen trägt und welchen Beitrag Digitalisierung hierzu leistet, berichtet sie im Gespräch mit Journalist Jan Rübel.
Wann haben Sie zum ersten Mal erkannt, dass Digitalisierung und Landwirtschaft gut zusammenpassen?
Ebun Feludu: Die Digitalisierung ist für alle Lebensbereiche von entscheidender Bedeutung, von der Haushaltsführung über die Planung des Privatlebens bis hin zur Terminplanung. Die Digitalisierung ist ein hervorragendes Werkzeug für die Landwirtschaft, denn sie hilft dabei, landwirtschaftliche Prozesse zu erfassen und zu skalieren.
Ist sie auch ein Instrument zur Förderung von Demokratie und Demokratisierung?
Auf jeden Fall. Ich glaube nicht, dass es irgendeinen Aspekt des Lebens gibt, der von den Vorteilen der Digitalisierung ausgenommen ist. Wenn man in der Lage ist, Abstimmungen zu erfassen, demografische Daten und Bevölkerungsdaten zu erfassen und zu sehen, wie die Daten mit den Entscheidungen der Menschen in Bezug auf die von ihnen gewählten Führungspersönlichkeiten übereinstimmen... die Möglichkeiten der Digitalisierung sind endlos.
Wie konzentrieren Sie sich bei Kokari auf die Digitalisierung?
Wir bauen Kokosnüsse an, dann verarbeiten wir sie, und die Frauen vertreiben unsere fertigen Produkte über unsere Vertriebskanäle. Ich befinde mich derzeit in einer unserer Vertriebsstellen, dem Kokari Café. Unser gesamtes System basiert auf einer digitalen Plattform, die beim Erfassen von Daten hilft, vom Eingang der Rohstoffe bis zum Ausgang der Rohstoffe an alle Verkaufsstellen.
Durch das ERP-System können wir nicht nur Daten erfassen sondern haben ein rationalisiertes System, das minimale menschliche Fehler zulässt.
Können Sie mir bitte ein konkretes Beispiel für menschliche Fehler nennen?
Unsere Arbeit wird zu einem hohen Anteil von Menschen getan, auch wenn sie durch digitale Tools unterstützt wird. Wenn wir zum Beispiel Rohstoffe erhalten und die Daten in unserer ERP-Plattform erfassen wollen, hängt dies immer noch von Arbeitskräften ab. Wenn es einen Fehler bei der Skalierung oder der Eingabe der Daten gibt, dann sind das Fehler, die auch bei einem digitalisierten System passieren können.
Wie schaffen Sie es, die Kokosnuss Wertschöpfungskette länger im Land zu halten?
Wir beziehen einen Teil unseres Rohmaterials von lokalen Bauern und von anderen Bauern in Westafrika. In der Wertschöpfungskette der Kokosnuss steckt eine Menge Reichtum, der derzeit exportiert wird. Unsere Aufgabe ist es, diesen Reichtum an die Landwirt*innen in Nigeria weiterzugeben. Damit haben wir mit der Unterstützung des Projekts Skalierung von digitalen Agrarinnovationen durch Start-ups (SAIS) der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) begonnen. Wir haben eine Gärtnerei eingerichtet, in der die Bauern Kokosnuss-Setzlinge von uns abholen können, um dann in die Wertschöpfungskette einzusteigen.
Ist es einfach, die Landwirt*innen in Nigeria davon zu überzeugen, auf Kokosnuss umzusteigen?
Das ist nicht einfach, denn Kokospalmen werden hundert Jahre alt. Jedoch dauert es fünf Jahre, bis die erste Ernte eingebracht wird. Mit einem Pilotprojekt haben wir den Landwirt*innen unserer Initiative gezeigt, wie sie in diesen fünf Jahren Geld verdienen können und arbeiten hierzu mit ertragreichen und gefragten Zwischenfrüchten. Wir kaufen diese Zwischenfrüchte wiederum von den Landwirt*innen ab und verarbeiten sie zu Fertigprodukten. Kurzfristig können die Landwirte auf diese Weise erhebliche Einnahmen erzielen. Langfristig, wenn die Kokospalme Früchte trägt, ist dies auch der Fall.
Welche Zwischenfrüchte sind das zum Beispiel?
Leguminosen und Pflanzen, die dem Boden Stickstoff zuführen, um die Bäume anzureichern. Diese Kulturen bringen zwei bis drei Erträge pro Jahr. Das macht sie sehr lukrativ macht.
Es ist also eine Win-Win-Situation für beide Seiten...
Auf jeden Fall.
Wie wird sich die Digitalisierung zu Nutze gemacht?
Unsere Pilotfarm dient als Schule. Hier wird den Landwirt*innen Wissen zu Anbaumethoden vermittelt, um den Ertrag einer jeden Kokospalme zu steigern. Die Landwirt*innen erhalten Nachrichten über USSD-Codes, so dass sie nicht auf Daten angewiesen sind. Denn einige von ihnen haben in den ländlichen Gebieten keinen Zugang zu mobilen Daten oder Internet.
Binden sie auch kleine Betriebe ein?
Ja. Wir arbeiten mit einigen größeren Betrieben zusammen, aber auch mit Kleinbäuer*innen. Wir arbeiten in Gruppen, um den Austausch von Wissen und Erfahrungen zu erleichtern.
Nehmen wir an, ein Landwirt hat Zugang zu mobilen Daten, er hat Zugang zum Internet. Sind Ihre Erfahrungen auch im großen Maßstab übertragbar?
Auf jeden Fall. Alle Landwirt*innen mit einem Zugang zu Daten lassen sich integrieren, denn unsere Anwendungen befinden sich alle auf einer digitalen Plattform. Die Zusammenarbeit mit Landwirt*innen, die über Daten und einen Internetzugang verfügen, wäre also nahtlos. Mit USSD versuchen wir jedoch, auch Kleinbäuer*innen einzubeziehen, die keinen Zugang zu Daten haben. Diese Möglichkeit haben wir für sie geschaffen.
Inwieweit ist die Digitalisierung ein Instrument zur Stärkung von Frauen?
Wir leiten ein Projekt, von dem wir sehr begeistert sind. Es heißt "The Kokari Women's Initiative". Wir beteiligen Frauen an der Kokosnuss Wertschöpfungskette, angefangen beim Vertrieb. Viele Frauen wollen in die Wertschöpfungskette einsteigen, sind aber vielleicht nicht bereit, so viel zu investieren wie wir. Die Initiative gibt ihnen die Möglichkeit, mit einer geprüften und vertrauenswürdigen Marke wie der unseren zusammenzuarbeiten. Die Frauen werden zu der gesamten Wertschöpfungskette, der Markenidentität und den Produkten geschult und können dann ihre Social-Media-Plattformen nutzen, um die fertigen Produkte zu verkaufen. Dieses ganze Netzwerk ist ebenso im ERP abgebildet. Über einen individuellen Link tätigen die Frauen Verkäufe und wir können sehen, wer am besten abschneidet und welche Produkte sich am besten verkaufen. Das Schulungsprogramm umfasst auch eine Menge digitaler Skills, z. B. die Aufnahme von Produktbildern mit dem Handy.
Sie haben erwähnt, dass einige Frauen vor Investitionen zurückschrecken. Ist die Finanzierung ein generelles Problem in Nigeria für die Landwirtschaft?
Die Finanzierung ist aus meiner Sicht ein weltweites und allgemeines Problem. Sie stellt eine globale Herausforderung dar. Wenn es einen Überfluss an Ressourcen und Geldmitteln gäbe, könnte jede und jeder mit einer Geschäftsidee, diese auch verwirklichen. Wenn man ein Unternehmen in der landwirtschaftliche Verarbeitung oder Primärproduktion gründen will, braucht man viel Kapital. Nicht viele Menschen sind bereit, dieses Risiko einzugehen, so dass sie sich wahrscheinlich eher damit anfreunden können, ein Vertriebsunternehmen für landwirtschaftliche Fertigerzeugnisse zu werden. Im nächsten Schritt kann man dann in die Verarbeitung oder in die Primärproduktion einsteigen. Das ist auf jeden Fall ein guter Einstieg.
Und was wäre Ihre Lösung für das Finanzierungsproblem in der Landwirtschaft, wenn Sie die Macht dazu hätten?
Die Finanzierung der Landwirtschaft sollte darauf abzielen, Menschen mit einer guten Erfolgsbilanz zu unterstützen und diese Menschen mit sicheren Mitteln zu fördern. Das ist es, was ich tun würde.
Ist Crowdfunding auch eine Option für Landwirte?
Ja, und das wurde in Nigeria auch schon ausgiebig erforscht. Einige Leute haben sich dabei die Finger verbrannt. Wenn ich zum Beispiel ein neues Produkt auf den Markt bringen würde - und das haben wir in der Vergangenheit bereits getan - würde ich sagen: "Hey, wir bringen dieses Produkt auf den Markt und wollen 10.000 Stück davon für einen bestimmten Betrag verkaufen." Stellen Sie sich vor, ich hätte 10.000 Leute, die mir 20 Dollar für ein neues Produkt zahlen, das ich auf den Markt bringen möchte. Das sind 200.000 Dollar und Daten von 10.000 Kunden. Als wir in unsere Fabrik eingezogen sind, mussten wir die Miete für den Fabrikraum bezahlen. Wir hatten ein Produkt und haben es mit einer Medienkampagne finanziert. Das Produkt war eine Fünf-Liter-Packung Kokosnussöl. Wir haben das Angebot beworben und Menschen zum Kauf ermutigt. Sie bezahlten für das Produkt, und das half uns, die benötigte Miete zu zahlen. Das ist Crowdfunding.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Crowdfunding zu betreiben. Mir gefällt die Art und Weise, wie wir es gemacht haben, und wir würden es in Zukunft wieder tun.
Sehen Sie im Crowdfunding eine Skalierungsperspektive?
In der Tat. Nehmen wir an, sie können durch Crowdfunding in einem Monat 10.000 Produkte verkaufen können. Das ist eine großartige Möglichkeit der Skalierung. Zum einen haben Sie 10.000 Kund*innen gewonnen. Das sind wichtige Daten. Diese Kunden haben für Ihr Produkt bezahlt, bevor Sie es überhaupt hergestellt haben. Zum anderen erhält man ein Feedback, auf das zur Verbesserung der Produkte gebaut werden kann.
Stellen Sie sich Ihr Unternehmen in zehn Jahren vor: Wo wird es digital sein, wo es heute noch nicht ist?
Das Digitale ist mit dem realen Leben und den realen Abläufen verwoben. In zehn Jahren sehe ich unser Kokari Township mit über 100.000 Kokospalmen. Ein Township, in dem es auch eine Schule, ein Krankenhaus und Gotteshäuser für die Gemeinde gibt. Jede einzelne dieser 100.000 Kokosnüsse hat eine digitale Identität, und man kann die Gesundheit und das Wohlergehen jedes einzelnen Baumes sehen. Sie können virtuell sehen, wie viele Nüsse jeder Baum jedes Jahr produziert. Man kann die Produkte, die aus den Kokospalmen hergestellt werden, auf der Verpackung des Endprodukts sehen. Jeder Baum hat sogar einen Namen. Unser gesamtes System ist vollständig digitalisiert, und wir können virtuelle Rundgänge durch unsere Farm machen und sogar all die verschiedenen Frauen sehen, die von unserer Arbeit betroffen sind. Das ist eine sehr aufregende Zukunft.