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Zeit für eine Bilanz und Visionen: So könnte ein kleinbäuerlicher Hof in Afrika heute aussehen – mit Hilfe von Smartphone, Internet und Strom.
Auf der interaktiven Grafik finden Sie durch Nummern gekennzeichnete Innovationen. Klicken Sie darauf, um mehr zu erfahren.
Als bloßes Zauberwort funktioniert Digitalisierung recht gut. Wie eine Verheißung klingt es in manchen Reden und Strategiepapieren – Afrikas Landwirtschaft wählt sich in die globale Cloud der Agrotechnologien ein und verändert sich rasant. Dieses Zauberwort reicht in verschiedene Richtungen. Die einen sehen in Digitalisierung eine Explosion im Handstreich, die alle Probleme lösen wird. Andere erkennen in ihr einen weiteren Aspekt der Ungerechtigkeit und ihrer Verschärfung.
Dabei ist klar, dass Digitalisierung schon jetzt die afrikanische Landwirtschaft stark beeinflusst, sie aber nicht vom Boden auf den Kopf stellt. Zwei Extreme beschreiben dieses Phänomen: Zum einen verzeichnet der Agrar-Sektor der afrikanischen Länder nach Angaben von Disrupt Africa den größten Wachstum bei Investitionen in Start Ups, was eine Aussage über die Geschwindigkeit dieser Transformation ist. Zum anderen erzählen diese Zahlen, wie groß eben Landwirtschaft an sich für die Wirtschaft ist – und dass es sich nicht um Agrobusiness handelt, nicht um riesige kapitalgetriebene Betriebe, sondern um kleine Unternehmungen von Familien, die meist essen, was sie produzieren. Bei Bäuer*innen, die mit der Kraft ihrer Hände anbauen und kaum in Geldkreisläufe eingebettet sind, erscheint die Vorstellung eines digitalisierten Hofes wagemutig. Und doch ist der Trend dorthin vorhanden und unumkehrbar. Er wird nur nicht über Nacht geschehen.
Die Weltbank hat eine Triple Divide ausgemacht, die entlang der Markierungen rural, gender und eben auch digital verläuft, also mitten in den ländlichen Raum Afrikas führt, wo Landwirtschaft eine herausragende Rolle spielt. Digitalisierung benötigt nicht nur einen Aufbau der Infrastruktur, von Energie- und Funknetzen, um flächendeckend und für alle zugänglich zu sein, sondern auch einen regulatorischen Rahmen, einen Schutz der Daten und Verbraucher, eine gezielte Stärkung der Frauen auch dort; sonst könnte dieser an Erschütterungen ohnehin nicht arme Weg tatsächlich dystopische Züge bekommen.
Was ist also jetzt schon möglich? Wie könnte ein kleinbäuerlicher Hof in Afrika aussehen, der Anschluss gefunden hat an ein Netzwerk mit agrartechnischen Hilfestellungen digitaler Art, zum Beispiel von Entwicklungsorganisationen? Wie beeinflusst die Digitalisierung heute sein Wirtschaften, direkt und indirekt über die Wertschöpfungskette? Vielleicht so:
Um von den Vorzügen der Digitalisierung profitieren zu können, müssen zunächst die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das heißt Anschluss an Strom- und Internetnetzwerke für die Bewohner*innen der ländlichen Räume. Das Berliner Startup Mobilsol bietet in Ostafrika kompakte Solarsysteme an, die genug Energie erzeugen, um die Grundversorgung einer Familie abdecken zu können – Licht, Handy und Radio. Größere Versionen sind in der Lage Kühlschränke oder Maschinen zu betreiben. Bezahlt wird für die neue Energiequelle über Mobile Money Transfer – so gelingt es, selbst Haushalte in strukturell abgelegenen Gebieten an das Energienetzwerk anzuschließen.
Die entferntesten Orte erreichen – das will auch die Muttergesellschaft von Google, Alphabet Inc. Mit ihrem Projekt „Loon“ sollen isolierte ländliche Gemeinden über Helium-Ballons mit dem Internet verbunden werden. Auf einer Höhe von 12 km sollen die Ballons jeweils eine Fläche von 5.000 Quadratkilometern mit Internetzugriff versorgen. Bestehend aus Polyethylen werden die Ballons mit Sonnenzellen betrieben und fahren nach ihrem Start monatelang auf den Winden.
Ebenfalls mit Solaranlagen werden die Sprinkler-Kits der kenianischen Firma SunCulture betrieben. Die integrierte Pumpe fördert Wasser bis zu einer Tiefe aus 17 Metern und kann 3000 Liter Wasser innerhalb einer Stunde auf den umliegenden Feldern versprühen.
Durch Drohnen wird das Land überwacht und vermessen – so können Ackerflächen genau bestimmt und illegale Aneignungen von Flächen kontrolliert werden. Dokumentiert die Drohne Landgrabbing, kann dies auf einer Plattform gemeldet werden. Funja, ein Startup aus Tansania, vermisst nicht nur Ackerland, sondern erleichtert damit Kleinbäuer*innen den Zugang zu Krediten. Denn ohne einen dokumentierten Nachweis über Landnutzungsrechte können diese nur selten Kredite für die Beschaffung von Saatgut oder Dünger bei Banken beantragen. Funja ermittelt die Landrechte mit Hilfe von Drohnen und trägt diese in eine Art digitales Grundbuch ein. Diese Daten stehen dann den Banken auf einer Online-Plattform zur Verfügung.
Die Satelliten Sentinel-2A und Sentinel-2B umkreisen in den Diensten der Europäischen Weltraumorganisation unaufhörlich die Erde. Dabei erfassen sie mit hochauflösenden Spezialkameras den Zustand der Vegetation und Landesoberfläche. Dadurch können sie nicht nur Pflanzenarten unterscheiden und bestimmen, sondern auch deren Chlorophyll- und Blattwassergehalt und damit deren Gesundheitszustand. Dies wiederum erlaubt Rückschlüsse auf das Wachstum der Pflanzen und ermöglicht eine Verbesserung von Ernteprognosen. Mit Internetzugang können die Bauern die Daten mittlerweile größtenteils kostenlos erhalten.
Die von den Satelliten gesammelten Daten zur Blattgröße von Nutzpflanzen, Bodenfeuchte und Vegetationsdichte werden mit topografischen Daten und Wetterinformationen verbunden und ermöglichen so die Bestimmung der charakteristischen Leistungsfähigkeit von Standorten. Das ermöglicht die Echtzeitberechnung von der aktuellen Biomasse und von Erträgen.
Zenvus, ein nigerianisches Precision Farming Startup, misst und analysiert mit einer speziellen, in den Boden gesteckten, Kamera Bodendaten wie Temperatur, Nährstoffe und vegetative Gesundheit. Das hilft Landwirt*innen, den richtigen Dünger anzuwenden und ihre Farmen optimal zu bewässern. Der Prozess verbessert die Produktivität der Betriebe und reduziert den Verbrauch von Wasser und Dünger.
In Communitys geteiltes Wissen ist eines der wichtigsten Tools der Digitalisierung für afrikanische Kleinbauer*innen. Auf zahlreichen Plattformen können Landwirt*innen sich vernetzen, Informationen teilen oder ihre Ware anbieten. Farmboek z. B. ist eine Plattform, die Betrieben die Grundlagen der Landwirtschaft beibringen soll. Sie bietet Wissenswertes zu Dingen wie das Bepflanzen der Felder, die Schädlingsbekämpfung, das Düngen verschiedener Pflanzenarten sowie Informationen zu Tiergesundheit und der richtigen Fütterung der Tiere. Zusätzlich stellt Farmboek seinen Nutzer*innen Kaufempfehlungen zu Traktoren sowie die Kontaktdaten der örtlichen Händler*innen für Landwirtschaftsausrüstung zur Verfügung. Außerdem bietet es Tool zur Wettervorhersage, welches von Syngenta entwickelt wurde und die Bäuer*innen mit speziellen Wetterinformationen versorgt, um einen möglichst präzisen Landwirtschaftsbetrieb zu ermöglichen.
Plattformen wie Labaroun Kassoua im Niger oder TwigaFoods in Kenia erleichtern einen ertragreichen Verkauf ihrer Ware auf lokalen Märkten. Sie geben Auskunft über den aktuellen Marktwert der eigenen angebotenen Ware und vergleichen, auf welchem Markt diese im Moment am gewinnbringendsten angeboten werden kann.
Eine Vielzahl an Apps unterstützt mit Internetzugang nun im Alltag: Das schottische Tech-Unternehmen Conjengo entwickelte in Zusammenarbeit mit Microsoft VetAfrica. Die App stellt erfahrenen Bäuer*innen, Veterinär*innen und Tierärzt*innen Diagnosen zu Tierkrankheiten zur Verfügung und gibt ihnen sogar Empfehlungen zu passenden Medikamenten. Um Nutztierhaltern bei der Bewältigung ihrer alltäglichen Herausforderungen zu helfen, unterstützt die App sie bei der Erfassung von relevanten Tierdaten. CowTribe gibt in Ghana bei Mangel an Tierärzten Tipps zum Impfen und der Behandlung von Tiererkrankungen. Die App Breeding Wheel ermöglicht es seinen Nutzern, personalisierte Tierdaten aufzuzeichnen und visualisiert diese in Form eines Rads. Um Remote-Unterstützung zu erhalten, können Tierhalter*innen die einzelnen Datensätze, zusammen mit dem Foto der jeweiligen Kuh, zwischen verschiedenen Geräten teilen.
Die App Esoco hilft dabei, NGOs, Unternehmen, Regierungen und Bäuer*innen miteinander zu verbinden. Zum aktuellen Zeitpunkt ist sie bereits in neun Ländern verfügbar. Zu den Features zählen automatische und personalisierte Preisalarme, Kauf- und Verkaufsangebote sowie Kontaktprofile via SMS. Außerdem stellt Esoko Landwirt*innen und potenziellen Investor*innen Content-, Marketing-, Beratungs- und Monitoringdienste zur Verfügung. Crop-Kenia versorgt per SMS mit Wettervorhersagen und standortspezifischen Anbautipps.
Mechanisierung bedeutet eine große Arbeitserleichterung. Doch ist es wirklich notwendig, dass sich jeder kleinbäuerliche Hof eigene kostspielige Maschinen anschaffen muss?
Über die Apps TroTroTraktor und HelloTractor kann der eigene Fuhrpark ganz individuell zusammengestellt und nach Bedarf ausgeliehen werden. So dient ein Traktor nicht nur einem Betrieb, sondern einer ganzen Community. In Zukunft könnte dies sogar so aussehen, dass die Landmaschinen durch GPS-Unterstützung ihre Spur auf dem Acker wie von selbst halten. Durch den präzisen Einsatz wird die mehrfache Befahrung von Bahnen vermieden und der Ertrag gesteigert. Die Bewegungsdaten der Maschinen können automatisch ausgewertet werden, sodass beim Mieten von Maschinen der benötigte Zeitraum ausgerechnet werden kann. So können Leihdienste optimiert und der Einsatz mehrerer Maschinen optimal aufeinander abgestimmt werden.
Viele Kleinbäuer*innen in ländlichen Gebieten haben traditionell nur schwer Zugang zu Banken oder Krediten. Doch es geht auch ohne Banken: FarmDrive, ein kenianisches Unternehmen, verbindet unterversorgte Höfe mit Krediten und hilft Finanzinstituten, ihr Portfolio an landwirtschaftlichen Krediten kostengünstig zu erweitern. Andere Plattformen wie FarmDrive in Kenia bereiten für Bäuerinnen die Kreditwürdigkeit auf und erleichtern so Finanzierung von Investitionen, die langfristig die Erträge und somit die Lebensqualität steigern werden. Das kenianische Startup-Unternehmen M-Farm und die AgroSpaces in Kamerun liefern Preisdaten, um Preisasymmetrien zwischen Landwirt*innen und Käufern zu beseitigen und es ersteren zu ermöglichen, mehr zu verdienen. Generell wird das Leben der ländlichen Bevölkerung über Mobile Money Transfer erleichtert; das sind Einkäufe, Verkäufe und Überweisungen, die über PrePaid Handy-Guthaben abgewickelt werden.